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ÖGB-Inklusionstagung: Barrierefreie Arbeit in Krisenzeiten

Noch immer arbeiten Menschen mit Behinderungen häufiger weit unterhalb ihres Qualifikationsniveaus. Deswegen veranstalteten die Gewerkschaften Vida und ÖGB eine internationale Fachtagung zum Thema Inklusion am Arbeitsmarkt. Internationale Expert:innen heimische Interessensvertretungen suchen gemeinsam nach Lösungen.

 

Transkript der Interviews:

Patrick Berger:  Ein Beispiel, wo ein Mensch mit einer Behinderung im Betrieb ist: Wenn die Behinderung nicht mehr das Thema ist, sondern wirklich nur der Mensch, das Miteinander und die Arbeitsleistung Thema gewesen ist.

Wenn das geschaffen ist, das sind dann die Beispiele, die wirklich gelebte und funktionierende Inklusion zeigen. Das Wichtigste, egal um welche Behinderung es sich handelt, ist die Offenheit. Die Offenheit in beide Richtungen.

Offenheit des Gegenübers ohne Behinderung oder des Arbeitgebers zu sagen: “Okay… Was braucht es, damit mein Mitarbeiter mit einer gewissen Einschränkung die Arbeit erledigen kann?” Aber auch die Offenheit des jeweilig Betroffenen, zu sagen, was er braucht.

Wenn jemand mit einer Gehörlosigkeit das dann auch wirklich mitteilt, was er für die Kommunikation braucht.Dass er das dann offen kundtut, ist natürlich schwer, mit einer Gehörlosigkeit eben schwieriger, wenn es keine Gebärdensprachdolmetscher in einem Betrieb gibt.

Aber hier braucht es Unterstützungsmöglichkeiten. Hier braucht es auch Rahmenbedingungen, dass der jeweilige Mitarbeiter die Kommunikation unterstützt bekommt.

Der Bedarf an Gebärdensprachdolmetschen und das Angebot an Dolmetschen einfach auseinander gehen wird. Und da braucht es Lösungen, dass die Kommunikation unterstützt wird für diese Menschen.

In der medialen Berichterstattung sind Menschen mit Behinderung entweder Opfer oder Helden. Dazwischen gibt es relativ wenig. Wenn ich jetzt nicht selber zumindest eine gewisse Art von Behindertensport mache und dadurch zeige, ich gehöre ja eher zu der Helden-Gruppen dazu, ist es sehr, sehr schwierig.

Weil man dann sofort, oder sehr schnell – ich will da nichts verallgemeinern – Aber es ist doch die Wahrscheinlichkeit, dass man eben dann in diese Opferrolle gedrängt wird und eher dieses defizitäre Denken im Vordergrund steht.

Sei es vom Arbeitgeber selbst, sei es von den Kollegen: “Und das kann er nicht, und das kann er nicht”. Wichtig wäre in diesem Bereich das Umdenken der Fragestellung. Nicht das: “Was kann wer nicht? Oder was kann jemand?” Sondern: “Welche Unterstützungs-Formen braucht es, damit er das tun kann, was er im Rahmen der Arbeit tun soll?”

 

Gernot Reinthaler: Ja, also die Gewerkschaften spielen eine große Rolle, natürlich wie alle anderen Akteure, die am Arbeitsmarkt relevant sind und da zählen die Gewerkschaften natürlich dazu.

Eine große Rolle, weil sie auch Forderungen aufstellen können und Druck machen können auf der politischen Ebene, aber auch auf der innerbetrieblichen Ebene. Über die Betriebsräte, Betriebsrät:innen bzw. Behinderten-Vertrauenspersonen.

Dass das Arbeitsumfeld und die wichtigen Rahmenbedingungen, die in den Betrieben ja so wesentlich sind, um Menschen mit Behinderungen Arbeitsplätze sozusagen möglich zu machen, barrierefrei zu gestalten.

Das heißt, hier gilt es von allen Seiten her zusammenzuarbeiten, um auf der einen Seite das Bewusstsein zu schaffen, was braucht es, was ist notwendig in den Betrieben, um barrierefreie inklusive Arbeitsplätze zu schaffen und dann natürlich auch begleitend die Kollegen und Kolleginnen mit Behinderung sozusagen in ihrem Arbeitsalltag gut begleiten zu können und die Nöte und Probleme, die halt immer wieder mal auftauchen, auch aufzunehmen und dann stark zu vertreten. Von daher würde ich sagen ganz große Aufgabe der Gewerkschaft.

Es gibt ganz viele Anlaufstellen. Als erstes fällt mir in dem Zusammenhang natürlich das NEBA-Netzwerk ein. Das ist ein… Das sind verschiedene Maßnahmen und Angebote, die vom Sozialministerium-Service finanziert werden und die Menschen mit Behinderungen, auf der einen Seite am Weg in Richtung Arbeitsmarkt zu unterstützen. Also, das heißt, dabei einen guten und passenden Arbeitsplatz und den Kompetenzen entsprechenden Arbeitsplatz zu finden, aber auch dort unterstützend und wirksam werden, wo Probleme auftauchen, wo Arbeitsplätze wackeln oder in Gefahr sind, gekündigt zu werden.

Das heißt, wir haben hier eigentlich ein Unterstützungs-Netzwerk zur Verfügung, das von der öffentlichen Hand dankenswerterweise finanziert wird. Das Menschen mit Behinderungen umfassend am Arbeitsmarkt unterstützt. Das ist aus meiner Sicht sehr, sehr wichtig und notwendig, weil der Unterstützungsbedarf aufgrund von unterschiedlichen Bedarfsmomenten, die teilweise natürlich auch aufgrund unterschiedlicher Behinderungsformen entstehen. Ein Bedarf, der sozusagen sehr individuell angegangen werden muss.

Foto/Video Credits: Gebärdenwelt.tv
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